Herr Stepkes vom Wasserverband Eifel – Rur (WVER) empfing unsere 10-köpfige Besuchergruppe bei strahlend blauem Wetter. Der WVER betreut im deutschen Einzugsgebiet der Rur 43 Kläranlagen und 6 Talsperren mit über 700 Mitarbeitern. Dazu gehören im Einzugsbereich der Kläranlage Soers auch 39 Sonderbauwerke (Regenüberlaufbecken, Regenrückhaltebecken, Regenklärbecken, Stauraumkanäle) und 11 Abwasserpumpstationen (z.B. am Keilbusch nahe der Brücke der Verlautenheidener Straße unter die A 44, die Abwässer Richtung Kläranlage Eilendorf pumpt).
Die 1. Kläranlage in der Soers wurde 1913 in Betrieb genommen. Die zunehmende Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts und die Kanalisierung von Aachen ab ca. 1890 hatte dazu geführt, dass die Wurm ein unerträgliches, zäh fließendes Gewässer geworden war. Aufgrund stetig steigender Anforderungen musste die Kläranlage immer wieder erweitert und bedarfsgerecht ertüchtigt werden. Zuletzt erfolgte dies u.a. 2018 durch eine 4. Reinigungsstufe, die Ozonanlage, zur Reduzierung von Spurenstoffen und Medikamenten im Abwasser.
Die Kläranlage Aachen-Soers reinigt das Abwasser großer Teile der Stadt Aachen sowie eines Teilgebietes von Würselen. Sie ist für 435.000 Einwohnerwerte ausgebaut. Nahezu die Hälfte der Abwasserfracht kommt aus der Industrie in Aachen, die im Wesentlichen von den großen Süßwarenherstellern geprägt ist.
Die Entwässerung Aachens erfolgt überwiegend im Mischsystem, d.h. dass Schmutz- und Niederschlagswasser zusammen zur Kläranlage abgeleitet werden. Somit erfolgt der Zulauf zur Kläranlage in einem Kanal, in dem Regenwasser und unser Abwasser zusammen zugeführt werden. Bei Starkregen sind dies 10-20 m3/sec, bei Trockenwetter ca. 65.000 m3/Tag. Von der Stadtmitte bis zur Soers braucht das Abwasser mehrere Stunden. Das Wasser der Wurm fließt die ganze Zeit getrennt, sie fließt außen an der Kläranlage vorbei.
Die Kläranlage Aachen-Soers darf 3.000 l/sec Abwasser aufnehmen. Strömt bei Regenwetter mehr Abwasser heran, werden Zwischenspeicher, sogenannte Regenrückhalte- bzw. Regenüberlaufbecken in bzw. unter der Stadt sowie vor der Kläranlage gefüllt. Trotz der insgesamt über 120.000 m³ Speichervolumen reicht dieses Volumen nicht aus und es kommt zu Abschlägen stark mit Regenwasser verdünnten Abwasser in die Wurm. Das letzte Regenüberlaufbecken im Kanalnetz vor der Kläranlage Aachen-Soers schlägt bis zu 80 mal/Jahr in den neuen Retentionsbodenfilter (RBF) ab. Dieser drosselt und reinigt das Mischwasser und entlastet so nun die Wurm deutlich hydraulisch und stofflich. Der RBF Soers besteht aus 6 Filterbecken, jedes etwa so groß wie der ebenfalls im Oktober 2024 in Betrieb gegangene RBF Am Keilbusch (beim Haarenerhof).
Die mechanische Abwasserreinigung auf der KA Aachen-Soers beginnt mit einem zweistufigen Rechen mit einen Stababstand von 30 bzw. 5 mm. Sie entfernen Feststoffe wie Feuchttücher, Fasern usw., die in Containern zur Müllverbrennung abtransportiert werden.
Im Wasser verbleibende feine „Sande“ werden im belüfteten zweistraßigen Sandfang abgesondert. Sie können über eine Aufbereitung wieder als Baustoff eingesetzt werden. Die im Sandfang zurückgehaltenen, aufschwimmenden Fette werden der Faulung zugegeben (s.u.) und werden dort zu Klärgas umgesetzt. Nach dem Sandfang durchfließt das Abwasser noch die Vorklärbecken, in denen sich viel organisches Material absetzt, das ebenfalls in den Faultürmen fermentiert wird. Mit der Vorklärung endet die mechanische Reinigung.
Übrigens: Hier, unter der A4-Brücke über die Kläranlage, sammelte die RWTH Aachen die von der Autobahn abfließenden Niederschlagswässer und untersuchte diese im Projekt Roadtox auf Reifenabrieb und dessen umweltschädliche Auswirkungen.
Direkt neben der A4 stehen 2 „schwarze Eier“, die Faultürme. In ihnen werden die bei der Abwasserreinigung anfallenden, vorentwässerten Fette und Schlämme durch Bakterien unter Sauerstoffausschluss bei 36-39°C zersetzt und es entsteht Gas. Mit Hilfe dieses Gases wird im angeschlossenen Blockheizkraftwerk (4 Blöcke á 500 kW) Strom für den Betrieb der Kläranlage gewonnen (70-80 % des Eigenbedarfs von ca. 10 Mio. kWh/Jahr) sowie Wärme für den Faulbehälter, die Gebäudeheizungen und die benachbarte Stadtgärtnerei nutzbar gemacht.
Nach den 2 Abstechern (Roadtox + Faultürme) verfolgen wir den Weg des Abwassers weiter. An die mechanische Reinigung schließt sich die biologische Reinigungsstufe an. Hier werden in 6 Straßen durch Bakterien der im Abwasser enthaltene Kohlenstoff und Stickstoff weitgehend in CO2, N2 und Biomasse umgewandelt. Der nicht in den Bakterien gebundene Phosphor wird mit Eisen-III-Chlorid gefällt und in der Nachklärung mit dem dort abgesetzten Schlamm abgezogen. Ein großer Teil des Schlammes wird in die Belebungsstufe zurückgeführt, der überschüssige Anteil wird in die oben erwähnten Faulbehälter gegeben.
Bei den allermeisten Kläranlagen wäre hier nun die Abwasserreinigung beendet, nicht so in Aachen. Weil der Ablauf der Kläranlage Aachen-Soers bis zu 80% der Wasserführung der Wurm nach der Einleitung ausmachen kann, sind die Anforderungen an die Reinigungsleistung besonders hoch.
Seit 2018 wird der Ablauf der Nachklärung noch in einer Ozonungsstufe behandelt. Hier werden durch die Zugabe eines Ozon-Sauerstoffgemisches organische Substanzen unschädlich gemacht. Diese Mikroschadstoffe sind z.B. das Schmerzmittel Diclofenac, hormonell wirksame Substanzen (z.B. aus der Anti-Baby-Pille), Benzotriazol (ein Zusatz u.a. in Geschirrspülreinigertabs zum Schutz vor Korrosion von Silber), Blutdrucksenker, etc.
Das optisch klare, gereinigte Abwasser enthält aber noch kleine, kaum sichtbare Schlammflöckchen sowie bei Regenereignissen manchmal noch über den Überwachungswerten liegend Ammonium. Dieses wird in einer sog. Nachnitrifkationsstufe in zwei Becken mit Aufwuchskörpern für die Bakterien geleitet. Zum Abschluss wird das Abwasser in einem Sandfilter von den letzten Schwebstoffen befreit. Das so gereinigte Wasser wird nun in die Wurm geleitet. Dort konnten wir bewundern, wie ein Biber unter einer Behelfsbrücke einen Damm baut. Nebenan tummelten sich Fische im Wasser der Wurm.
Vielen Dank für die interessante Führung, Herr Stepkes.
Abschließend besuchte unsere Gruppe noch das Restaurant in den Räumen des PTSV und erfreute sich an Kaffee, Kuchen, usw.