23.03.2014

Besuch der Aachener Synagoge

Bericht: Helmut Vondenhoff

Waren es beim Dombesuch letzte Woche noch 42 Besucher/innen unseres Vereins, so hatten wir für den Synagogenbesuch in Aachen 44 Anmeldungen. Nach Rücksprache mit der Jüdischen Gemeinde in Aachen teilten wir kurzerhand die Interessierten in zwei Gruppen auf. Gurt organisiert, wie wir meinten, bestellten wir zum Treffpunkt Haaren Markt zu zwei verschiedenen Zeiten unsere zwei Gruppen. Angedacht war die Fahrt nach Aachen mit einem Bus der ASEAG, was wir aber vor unserer Planung nicht wussten, dass die Gewerkschaft Verdi ihre Mitglieder des öffentlichen Dienstes an dem Tag zum Streik aufgerufen hatte, die ASEAG schloss sich dem Streik an. Hier erwies sich wieder einmal mehr Käthe Henn als wahres Organisationstalent, sie ließ ihre Telefonleitung heißglühen und in einer beispielhaften Aktion brachte sie, bis auf drei Absagen wegen des Streiks, alle Personen in Fahrgemeinschaften unserer Mitglieder unter. Ein ganz treues Mitglied reiste sogar von Haaren auf eigene Kosten mit dem Taxi an, dabei sein ist eben alles. In der neuen Aachener Synagoge am alten Platz erwartete uns Maja Elgourt, eine junge jüdische Studentin, die uns jeweils eine Stunde durch die Synagoge führen sollte. Erst erläuterte sie uns die Bauweise und die Symbolik die in diesem Hause zu erkennen ist. Jeder Besucher wird auf hebräisch willkommen geheißen mit dem Spruch Gottes: „ Denn mein Haus ist das Gebetshaus aller Völker“. Die runde Form des Gebäudes mit dem Empfangsraum ganz in Glas, strahlt Transparenz und Helligkeit aus, und wird von 7 Tafeln mit Gebeten für jeden Wochentag eine, die von rechts nach links zu lesen sind, begrenzt. Die hebräische Schrift die ohne Vokale geschrieben und gelesen wird, nur Zeichen unter manchem Wort deuten auf Vokale hin, wird immer von rechts nach links gelesen. Durch ihre Ausführungen gab uns Maja Elgourt tiefe Einblicke in das Judentum, in den jüdischen Glauben und in die Jüdische Geschichte. Erst ab dem 17.Jahrhundert mussten die Juden die in Deutschland lebten, sich per Gesetz einen Familiennamen kaufen, vorher hießen sie z.B. David, Sohn des Jakobs. Jetzt wählten sie sich z.B. den Familiennamen nach Beruf, Tätigkeit oder Herkunft aus. Auch wenn diese Anordnung zuerst von Deutschland ausging, übernahmen doch viele Juden in aller Welt Deutsch klingende Familiennamen. Die Gewohnheit der Juden bei einem Grabbesuch kleine Steine auf den Gräbern zu hinterlassen ist uralte Tradition, an Stelle der schweren Grabplatten die die Gräber gegen Plünderungen oder gegen grabende Tiere schützen sollten, sind die kleinen Steine jetzt Symbole die daran erinnern. Im Rundgang der Synagoge, außerhalb des Betraumes, finden wir weiter Symbole des Judentums, den siebenarmigen Leuchter, die Menora, wurde nur im Tempel aufgestellt, nie im Betraum einer Synagoge oder in einer Wohnung. In einer Vitrine sahen wir eine Thora, eine Gebetsrolle aus dem 17. Jahrhundert, sie wird nicht mehr verwendet weil sie einen Fehler aufweist, entweder eine Beschädigung, oder wegen eines fehlenden Buchstabens, verblichene Textstelle oder ähnliches. Wir erfahren, dass die Thora handschriftlich von einem Schreiber in ca. einem Jahr fertig gestellt wird, es darf kein einziger Schreibfehler zu finden sein. Stellen sich später Fehler ein, wird die Thora-Rolle nicht mehr verwendet und wird irgendwann im Boden begraben. Im Betraum der Synagoge treten wir ein und blicken nach Osten, nach Jerusalem, zur Klagemauer die das einzig erhaltene Teil des früheren Tempels ist. Zuerst berührt jeder gläubige Jude die Mesusah die an jeder Eingangstüre in Bethäusern oder jüdischen Häusern zu finden ist. Die Mesusah stellt eine Kapsel dar in der ein Gebet an Gott untergebracht sein soll und das bedeutet: Gott ist anwesend. 10 erwachsene Männer, und ab Lebensalter 13 Jahre, müssen im Gebetsraum anwesend sein um die Gebetsstunde abzuhalten, dann erst dürfen aus der Thora-Rolle Gebete gelesen oder gesungen werden. Im Thoraschrein in der Aachener Synagoge befinden sich reichlich mit Silberschmuck versehene 5 Thorarollen von denen aber nur noch zwei zu Gebeten verwendet werden. Im Gebetsraum gibt es weder Bilder, noch Statuen, nur 12 Wandtafeln mit Symbolen die für die zwölf Stämme Israels stehen. Für Gebete im Synagogenraum stehen für die Besucher Thora-Bücher und Gebetschals zur Verfügung, man kann sich, wohl aus alter Tradition heraus, einen festen Sitzplatz für ein Jahr erkaufen. Frauen beten getrennt von den Männern auf der oberen Empore, die 614 Gesetze der Thora räumen sowohl Männern als auch Frauen besondere Rechte und besondere Pflichten ein. Es ist auch nichtjüdischen und andersgläubigen Menschen erlaubt die Synagoge auch zu den Betstunden zu besuchen. Maja Elgourd hat uns bei ihrer ausgezeichneten Führung durch die Aachener Synagoge dazu ermuntert und dazu eingeladen, einige werden wohl gerne zurückkommen.

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„Denn mein Haus ist das Gebetshaus aller Völker„
So lautet die Einladung auf hebräisch an der neuen Synagoge

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Die alte Aachener Synagoge die 1938 in Schutt und Asche gelegt wurde

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Fünf von sieben noch erhaltenen Steine der ehemaligen Aachener Synagoge, Stiftung eines Aachener Bürgers

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Die neue Jüdische Gemeinde in Aachen umfasst ca. 1700 Mitglieder

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Zeichen des Judentums, die Menora aus dem Tempel, das Zeichen Davids

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Maja Elgourt, unsere Führerin vor der Vitrine mit der Thorarolle aus dem 17. Jh.

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Die Kopfbedeckung für Männer in der Synagoge, die Kippa, Zeichen der Gottesfürchtigkeit

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Maja gibt ausführliche Erklärungen zum Innern der Aachener Synagoge mit ihrer Ausstattung

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Hier ein Gebetsschal für Männer beim Gebet

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Thora-Rollen mit reichlich Silberschmuck

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Inhalt der Thora-Rollen auch in Buchform

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Die zweite Gruppe vor der Führung

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....und andächtig zuhörend in der Synagoge


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