13.05.2015

Rundgang durch das Aachen der französischen Zeit

Bericht: Helmut Vondenhoff

Mit Ulla Borsch hatten wir eine Themen- und Stadtführerin gefunden die uns durch das Aachen der französischen Besatzungszeit führte. Start der Führung war der Marktplatz auf den die französischen Revolutionstruppen am 15.Dezember 1792 einen Freiheitsbaum aufstellten um ihre Ideen von „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ kundzutun. Außerdem verpassten sie dem Kaiser Karl eine Jakobinermütze und überführten die Brunnenfigur Karls des Großen nach Paris. Es folgte für Aachen und für Franzosen ein Hungerwinter der vielen Franzosen das Leben kostete, sie wurden in einem Massengrab auf dem Lousberg beigesetzt. Am 1.März 1793 wurden die Franzosen bei Aldenhoven von den Österreichern geschlagen und Aachen einen Tag später befreit. Doch bereits am 22.September 1794 bezwangen die französischen Truppen erneut die Österreicher, und die Stadt Aachen wurde wieder besetzt. Fortan musste den französischen Soldaten Unterkunft geboten werden, Klostergebäude wurde als Magazine, Pferdeställe oder Krankenhäuser genutzt. Auch musste die Aachener Bürgerschaft Zwangsabgaben in Form von Nahrungsmitteln und Sachleistungen erbringen. Ebenso litt die Haarener Bevölkerung unter den Raubhorden der Franzosen, der Haarener Pastor Johannes Heinrich Beys dokumentierte diese schlimme Zeit in einem ausführlichen Bericht im Kirchenbuch. Das Hauptquartier der Franzosen wurde von Burtscheid nach Haaren verlegt, acht Generäle, viele Offiziere, noch mehr Truppen und 400 Pferde musste das Dorf aufnehmen. „Dieses alles erfolgte zur unsagbaren Last und zum Schaden unserer Gemeinschaft, denn was hier hergegeben und herbeigeschafft werden musste, kann ich nicht beschreiben, es gab keinerlei Bezahlung.“ Unter der französischen Besatzung veränderte sich in Aachen enorm viele Dinge deren Folgen wir z.T. heute noch erkennen und sehen können. Der Code Civil wurde für die „französischen Rheinlande“ eingeführt, Personenstandsregister angelegt, Friedhöfe außerhalb der Stadt angelegt, z.B. Ostfriedhof und Westfriedhof in Aachen, in St. Follian tagten die Sendgerichte, Häuser wurden vom Zentrum her nach außen neu und fortlaufend nummeriert, Bürgersteige angelegt und Fenstersteuer erhoben. In der Annastraße sieht man heute noch deutlich wie Fassaden verändert wurden um die Fenstersteuer zu umgehen oder zu mindern. Es erfolgte ein Verbot von Prozessionen, Wallfahrten und die Säkularisierung von 19 Klöstern, die Religionsfreiheit wurde ausgerufen. Beim Besuch Napoleons in Aachen erfuhr die Stadt besondere Fördermaßnahmen, sie wurde Hauptstadt des Roerdepartements und „Bon Ville“, 1802 wurde mit einer Verordnung die Einführung der französischen Verfassung in den rheinischen Departements beschlossen, damit wurden Aachens Bürger rechtlich Franzosen. Nachdem das Kölner Erzbistum aufgelöst wurde, bekam Aachen einen eigenen Bischofssitz, erster Bischof von Aachen war Marc-Antoine Berdolet. Der Aachener Türelüre-Lieschen Brunnen erinnert ebenso an den Franzosen Türelür wie auch die Tafel am Kloster Jakobstraße, die über die Tranchot-Karte, der ersten kartografischen Vermessung Aachens, dem Neubau von Straßen und der Einführung des metrischen Maßsystems aussagt. Ein weiteres Denkmal und auch Erinnerung an die Franzosen in Aachen ist der Weylrischer Hof, ehemals Sitz reicher Tuchfabrikanten in der Jakobstraße, diese monumentale Haus nutzte Napoleon bei seinen Aachener Besuchen als Unterkunft. Hier entstanden die Ideen der Gewerbefreiheit und die Gründung einer Handelskammer für Aachen. In den 1960 Jahren diente dieses Haus als Wohnhaus der Familie Heusch und des ehemaligen Oberbürgermeisters Hermann Heusch. Die Franzosen schätzten Aachen auch als Kur- und Badestadt und bauten die Anlagen aus, sogar die erste Gattin Napoleons, Kaiserin Josèphine weilte zu einer zweimonatigen Badekur in Aachen. Alle Thermalquellen in Aachen und Burtscheid wurden auf Anweisung von Napoleon verstaatlicht. In diese Zeit fällt auch die Verschönerung des Lousbergs, auf dem vorher kahlen Berg entstand eine Parkanlage mit vielen Bäumen und dem Gartenrestaurant „Belvedere“. Die Franzosen ließen Teile der Stadtmauern abreißen, füllten die Wehrgräben mit Trümmern und ließen großzügige Promenaden mit breiten Baumreihen anlegen. Dieses und vieles mehr sind Zeugen der Vergangenheit die die französische Besatzung hinterlassen hat, viele der französischen Maßnahmen haben unsere Stadt und unser damaliges Leben geprägt und sind heute noch sichtbar.

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Vor historischer Kulisse auf dem Katschhof, Richtstätte während der Franzosenzeit

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Am Vorabend und im Zeichen des Karlspreises an Martin Schulz aus Würselen

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Auch an dieser Stelle hinterließen die Franzosen in Aachen unübersehbar ihre Spuren

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Fassade in der Annastraße, vor und nach Erhebung der Fenstersteuer durch Frankreich

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Über dem Eingang der Taufkapelle zur Zeit des ersten Aachener Bischofs Berdolet

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Dombaumeister Helmut Maintz und die Geschichte mit dem Aachener und Kölner Dom

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Heute Wohnhaus der Familie Heusch, hier wohnte einst auch Napoleon

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Nur wenige Mitglieder zog es bei feinstem Sommerwetter nach Aachen


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